Tagebuch




High Sierra

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Gabi am Elizabeth Lake, Yosemite NP, Toulumne Meadows, CA

Da wir gestern schon um halb 9 Uhr die Augen zugemacht haben, war es eine echt lange Nacht. Die Anstrengungen an der frischen Luft scheinen uns gut zu tun, viel Schlaf trägt sehr zur Erholung bei. Um 07:15 Uhr sind wir auf den Beinen, als Frühstück gibt es Kaffee, Nektarinen und recht gehaltvolle Kekse auf dem Zimmer. Währenddessen packen wir zusammen und um 08:15 Uhr rollen wir wieder Richtung Yosemite NP.

Dieses Mal geht es aber nicht geradeaus ins Valley, sondern links ab auf die Big Oak Flat Road, die uns in sanften Schwüngen hinauf zur Tioga-Pass-Road führt. Dabei halten wir kurz am Half Dome View an, der uns einen tollen Blick auf den imposanten Berg bietet, dem die Gletscher einst eine Hälfte abrasiert haben.

Hier ist wenig Verkehr und der ganze Tag steht glücklicherweise unter diesem Vorzeichen: nichts ist von dem Massenandrang zu spüren, den wir gestern erlebt haben. Am Olmsted Point muss man halten - die Aussichten sind fantastisch! Wir treiben uns etwas auf den glatt geschliffenen Felsplatten herum, posen um die Wette und fangen einige schöne Bilder ein. Riesige Felsbrocken haben die Gletscher hier von 20.000 Jahren liegen gelassen; eine irre Landschaft. Im Hintergrund zeigt sich ein letztes Mal der Half Dome - tolle Perspektive.

Der Tenaya Lake ist auch einen Stopp Wert, inzwischen haben wir eine Höhe von 9.000 Feet (3.000 Meter über N.N.) erreicht.

Hier in dieser Höhe erstrecken sich die „Toulumne Meadows“, sanft hügelige Wiesen, umrahmt von imposanten Bergen. Am gleichnamigen Visitor Center holen wir uns Rat zu einer passenden Wanderung ab und kurze Zeit später spazieren wir auf dem „Elizabeth Lake Trail“ dahin.

Puh, es geht stetig bergan und die dünne Luft macht sich bemerkbar. Wir lassen es langsam angehen und verschnaufen regelmäßig. Die Wanderung oberhalb 3.000 Metern hält meinen Puls beständig auf 130-140 bpm. Klasse, das ist Garant für beste Fettverbrenung, da kann ich mir das joggen sparen. Höhentraining „in thin air“! So erreichen wir bei bester Laune den Elizabeth Lake.

Auf dem Weg ist uns gerade mal eine handvoll Leute begegnet, hier tummeln sich vielleicht 8-10. Mit einem amerikanischen Paar kommen wir ins Gespräch. Er wundert sich, dass ich so eine fette Kamera mitschleppe. Sie empfehlen uns nachdrücklich, mal Urlaub in Alsaska zu machen. Denali NP! Im Sommer sei es dort von den Temperaturen her wie jetzt und man könne tolle Wildbeobachtungen machen - Grizzleys inklusive.

Bären treffen wir heute keine, obwohl überall Hinweise gegeben werden, wie wir uns zu verhalten hätten. Nun ja, immerhin ist unser Tiny Little Bear wieder dabei. Wir verputzen Trauben und Nüsse und achten auch darauf, genug Wasser zu trinken. Super schön ist es hier oben in der „High Sierra“ Nevada!

Nach gut drei Stunden sind wir wieder am Auto, 8,5 km waren das. Der Rückweg bergab war natürlich nicht mehr so anstrengend.

Die Tioga-Pass-Road ist einfach klasse und hoffentlich sind wir hier nicht zum letzten Mal gewesen. Wir fahren die Strecke gerne nochmal irgendwann. Und in einigen Tagen wird der Pass für den Winter geschlossen, denn der erste Schneefall wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Am Silver Lake Ressort machen wir einen kleinen Stopp. Hier haben wir 2013 Little Bear für Johanna gekauft und wir erzählen der Landeninhaberin die Geschichte vom kleinen Bären und dem Fotobuch. Als wir ihr dann noch den Kumpel „Tiny Little Bear“ vorstellen, ist sie völlig aus dem Häuschen. Ja - wir sind schon etwas bekloppt.

Das Motel 6 in Mammoth Lakes kennen wir bereits, die Sportsbar gegenüber noch nicht. Es ist erstaunlich frisch hier oben und wir kehren ein. Es läuft American Football, ausschließlich Einheimische verbringen hier ihren Sonntagabend und wir fühlen uns sehr wohl. Local Beer vom Fass, Wein für Gabi, Eine Riesenportion Nachos mit Jalapenos, Oliven, Käsesauce, Salsa und Pulled Pork für mich und ein klasse Burger für Gabi tun uns gut. Zum Abschluss gibt es noch einen local Whisky, der tatsächlich hier nebenan produziert wird. Außer Eiche und etwas Kräutern hat der aber nicht viel zu bieten, es fehlen die für die Schotten typischen, komplexen Fassaromen.

Ich beschließe, es für heute gut sein zu lassen, mache nur noch die Fotos fertig und entspanne dann so sehr, dass ich bereits um 20:30 Uhr die Augen schließe.

Tagesetappe: 185 Kilometer
Übernachtung:
Motel 6 Mammoth Lakes**, 3372 Main Street, Mammoth Lakes, CA 93546

Sunny Saturday in Yosemite

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Gabi on Top of Vernal Fall, Yosemite NP, CA

Das Wifi hier ist so langsam, dass an eine Aktualisierung der Reisehomepage nicht zu denken ist. Das muss ich auf einen der nächsten Tage verschieben.

Der heutige Tag ist schnell erzählt. Wie der Titel schon sagt: allerbestes Wetter in einem der allerbesten Nationalparks der USA. Und: Samstag! Das hatten wir bislang noch nicht, weil wir sonst samstags immer erst ein- oder zurückfliegen und damit ein Aufenthalt im Yosemite ausgeschlossen ist. Kurz gesagt: hier ist richtig was los, weil auch viele Amerikaner ihr Wochenende mit Touren im Park verbringen. Groß und Klein, Katz und Maus - volles Programm. Dabei ist Nachsaison und nicht Ferienzeit - dennoch: mega Betrieb.

Da haben wir definitiv alles richtig gemacht, schon um halb Acht aufzubrechen. Um diese Zeit bekommen wir problemlos einen Parkplatz im Yosemite Village. Auch einer der ersten Shuttlebusse ist zunächst noch mäßig bestetzt. Im Verlauf der Fahrt steigen aber so viele Frühaufsteher zu, dass die Fahrerin lautstark um „aufrücken“, „enger zusammenstehen“ und „jetzt ist die Zeit, mit dem Nachbarn zu kuscheln“ wirbt.

Unser Plan: noch einmal die schöne Wanderung zum Vernal Fall unter die Füße nehmen, dieses Mal aber mit der Variante, nicht bis zum Nevada Fall durchzustarten, sondern vorher wieder abzubiegen und die Runde damit kleiner zu halten. Zu Beginn ist es noch erfrischend frisch, als die Sonne dann durch das Blätterdach bricht, wird es richtig warm. Der Betrieb hält sich in Grenzen (für Gabi sind es aber schon viel zu viel Menschen), der Vernal Fall hat für diese Jahreszeit gut Wasser und ihn immer im Blick stapfen wir die extrem steilen Felsstufen hinauf. Das Ziel: die Kante, an der das Wasser abstürzt.

Im Juni 2016 sind wir den „Mist Trail“ abgestiegen und entsprechend der Jahreszeit hatte der Merced River richtig viel Wasser - da waren die Felsen glitschig und wir pitschenass vom Spray. Heute blieben wir trocken. Oben angekommen verschnaufen wir und machen uns anschließend über den John Muir Trail auf den Abstieg. Denken wir zumindest, aber der Weg füht noch geraume Zeit immer steil bergan. Das bringt unseren Kreislauf erneut mächtig in Schwung, beschert uns aber auch einige schöne Tiefblicke auf den Vernal Fall mit entsprechenden Fotos. Das es noch so hoch hinaus geht, hatten wir nicht gedacht.

Auch den Nevada Fall sehen wir auf dem Weg und kommen ihm verdächtig nahe. Insgsamt dann doch eine stramme Tour von 4 Stunden und etlichen Höhenmetern. Am Ende kommen wir in die Bereiche, in die „jede/r“ kommt, weil sie nicht weit weg sind vom Trailhead. Und da kann man nur von Menschenmassen sprechen. Hier schlägt der Samstag voll durch. Was nicht so schlimm wäre, aber einerseits meinen einige jüngere Zeitgenossen, ihre Umwelt (hier in dieser traumhaften Natur) mit heftigen Bässen belästigen zu müssen (tragbare Lautsprecher gehören verboten - außer auf unserer Terrasse) und andererseits kommen die Shuttlebusse einfach an ihre Grenzen. Wie mag das hier im Hochsommer sein?

Wir fahren zum Village zurück, essen Sandwiches und fahren dann noch einmal los mit einem Bus, weil es im Lone-Pine-Bereich einen Ranger-Walk zum Thema „Bären“ gibt. Die Busfahrt zieht sich aber und überall müssen Massen von Leuten ein- und aussteigen. So verpassen wir den Anfangszeitpunkt und beschließen, im Bus sitzen zu bleiben. Auf stundenlanges Schlangestehen später haben wir einfach keine Lust. Dafür sind wir noch eine Zusatzrunde durchs Valley gefahren und haben mit einer jungen Schweizerin gequatscht.

Also steigen wir dann doch ins Auto, um Heim zu fahren. Bei dem Verkehr hier hätte ich niemals gedacht, am „Valley View“ noch einen Parkplatz zu bekommen. Der liegt etwas vesteckt an der Straße auf dem Rückweg raus aus dem Park und ist einer der allerbesten Fotospots, die ich kenne. Aber oh Wuder: Parkplatz vorhanden und außer zwei Selfieknipsern kein Fotograf hier!

Die Gelegenheit wird genutzt: schnell ist das Stativ im Wasser aufgebaut, der Graufilter verschraubt und die Belichtungszeit ausgerechnet. Langzeitbelichtung macht das Wasser schön glatt und die Spiegelung von El Capitan und Halfdome gut sichtbar. Klasse, dass das noch geklappt hat.

In der View Lodge gibt es die Pizza, auf die ich mich schon gestern gefreut habe. Und obwohl auf fast allen Fotos Wasser zu sehen ist, trinken wir auf der Terrasse noch ein Glas Wein. 19:45 Uhr, ich bin fertig, muss nur noch das Tagebuch auf die Website basteln und dann ist Feierabend. Es ist dunkel und Gabi scheint neben mir im Liegestuhl eingeschlafen zu sein. Urlaub!

Morgen fahren wir erstmals über den Tioga-Pass auf die Ostseite der Sierra Nevada. Weitere Stunden im uns noch unbekannten Teil des Yosemite NP stehen uns dabei bevor - super!

So ganz kurz war der Bericht jetzt doch nicht, oder? Naja, ich übe noch, dafür habe ich mich bei den Fotos beherrscht.

Tagesetappe: 43 Kilometer
Übernachtung:
Yosemite View Lodge***, 11136 Highway 140, El Portal, CA 95318

Design

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Jürgen im Apple Park Visitor Center (Hintergrund: "Spaceship"), Cupertino, CA

Komischer Titel für einen schönen Tag? Keineswegs: Design stand heute im Mittelpunkt unserer Unternehmungen. Da war zunächst die Golden Gate Bridge, die für mich schönste Brücke der Welt (die ich bisher gesehen habe). Dass man die rote Farbe nur deshalb auswählte, weil das halt der Farbton des Rostschutzes war, finde ich unglaublich. Nichts anderes hätte so gut hierher gepasst. Und dass Apples Design ganz neue Maßstäbe setzt, zeigen sie mit dem neuen Apple Campus inkl. Visitor Center und „Spaceship“ in Cupertino sehr beeindruckend. Abends dann Design made by mother nature: Die Felswände des Yosemite Valley und der Bridalveil Fall - sagenhaft!

Fangen wir vorne an: die Nacht war sehr, sehr gut. Ob es daran liegt, dass wir einfach so kaputt sind und so viel Schlaf nachzuholen haben? Egal - das klappt hervorragend. Ich wache erst um 07:00 Uhr auf. Klasse! Gabi kocht einen Kaffee, ich packe zusammen, Um 08:00 Uhr ist das Auto hergerichtet und wir können starten. Für das Auto haben wir ein klares Konzept und nach dem ersten Einkauf gleich werden wir mühelos an Müllbeutel (aufgehängt zwischen den Kopfstützen, Zewarolle (gleich darunter), Wasservorräte (hinter dem Beifahrersitz) etc. herankommen.

Unser erster Weg führt uns nochmal zu „unserer“ Brücke; in knapp 10 Minuten sind wir am Viewpoint North. Die Golden Gate Bridge liegt im besten Sonnenlicht bei blauem Himmel vor uns und lässt sich perfekt ablichten. Es ist um diese frühe Zeit auch kaum jemand hier - sehr schön!

Dann rollen wir Richtung Süden; nächstes Ziel: der Apple Park im Silicon Valley, genauer gesagt in Cupertino. Hier hat Steve Jobs einst in einer Garage den ersten Mac erfunden (die haben wir 2012 besucht) und aktuell hat man hier das „Spaceship“ gebaut, ein futuristisches Bürogebäude für über 12.000 Mitarbeiter. Googelt das mal - ungaublich!

Nebenan steht das Visitor Center mit Apple Shop. Auch super designed, hier hat man sich über jede Kleinigkeit Gedanken gemacht. Das sieht alle so luftig und transparent aus, fasst sich super an und ist hell, freundlich und einfach perfekt. Von der Dachterrasse kann man einen kleinen Blick auf das Spaceship erhaschen. Unten steht ein Modell des Areals aus Metall und wenn man ein iPad in die Hand nimmt, sieht man plötzlich aus jedem Winkel alles real. Du kannst sogar die Dächer lupfen und in die Gebäude hineinsehen.

Wir schauen uns einen kleinen Vortrag über Selfies mit dem iPhone an, alles technisch perfekt unterstützt. Dabei laden wir die Updates unserer iPones auf iOS 13 herunter und installieren diese. Kaffee gibt es auch noch und so verbringen wir eine gute Zeit dort, quatschen mit den superfreundlichen Beratern und ich gönne mir noch eine neue Basecap, die es nur hier gibt. Mein älteres Modell aus 2012 hat deutliche Gebrauchsspuren.

Nächster Stop: ein Safeways in Cupertino. Wir kaufen alles ein, was wir so als Grundausstattung benötigen: 24 Pullen Wasser, ein Karton Wein, Obst, Chips, Nachos, Salsa, Zewa, Nüsse, Sandwiches und Sushi. Jawohl: auf der Weiterfahrt wird gebruncht - wir hatten ja noch kein Frühstück und es ist Mittagszeit. Gabi bereitet alles mundgerecht zu, ich fahre. Der Mix aus Sandwiches, Wraps und Sushi schmeckt uns richtig prima.

Die Landschaft ist geprägt von Landwirtschaft und wird zunehmend hügeliger. Blöderweise geht irgendwann die Ölwarnleuchte an. Wir checken das an einer Tankstelle - Ölstand sieht ok aus, ist aber schwierig zu sehen. Lampe aus. Später wieder: Lampe an. Nochmal Tankstelle; ich kaufe einen Liter Öl (9 $), fülle die Hälfte ein - jetzt ist Ruhe.

So kommen wir um kurz vor sechs in der Yosemite View Lodge an, kriegen als Wiederholungstäter ein schönes Zimmer, packen unsere Koffer rein und starten gleich durch in den Yosemite NP. Wir brauchen noch etwas Bewegung und das Licht sieht einfach zu schön aus. Also noch rd. 50 Meilen extra. Das hat sich aber sehr gelohnt!

Am Tunnel View warten einige Fotografen auf den Sonnenuntergang. Wir machen ein paar Bilder und fahren dann noch zum Bridalveil Wasserfall. Der Fels glüht förmlich im letzten Abendlicht. Dann dämmert es rasch. Wir spazieren noch etwas am Merced River entlang. Wo sich tagsüber größere Mengen Besucher tummeln ist es jetzt komplett leer. Der Wald duftet, die Geräusche der Natur tun ihr Übriges. Bald sehen wir kaum noch die Hand vor den Augen. Bären? Fehlanzeige, jedenfalls bei uns auf dem Weg. Um die Uhrzeit ist das auch besser so.

Auf der Rückfahrt ist es zappenduster. Wir sind durch für heute. Ich kümmere mich noch um die Bilder des Tages und das Tagebuch. Um 23:30 schließe auch ich die Augen. Gute Nacht!

Tagesetappe: 436 Kilometer
Übernachtung:
Yosemite View Lodge***, 11136 Highway 140, El Portal, CA 95318
© 2019 Gabi & Jürgen