Tagebuch




Overkitsch

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Gabi am Marsh Lake, Little Lakes Valley Trail im Rock Creek Canyon, CA

Komischer Titel? Dazu später!

Gute Nacht gehabt - alle Bemühungen, auch gegen Zahlung von „Premium-Access“ irgendwie hier an brauchbares Internet zu kommen waren vergeblich. Verbindungsgeschwindigkeiten von „Null“ oder geringfügig drüber, selbst bei Mails ging das Netz flöten und nichts rutschte durch. Inzwischen machen sich immer mehr Leute zu Hause Sorgen - völlig unbegründet, aber danke für eure Anteilnahme! In den letzten Jahren sind wir meist jeden Tag weiter gefahren und wenn es da mal an einem Ort kein Netz gab, fiel das nicht auf. Jetzt waren es 2 x 2 Übernachtungen „ohne“ und schon hängen wir in den Seilen. Das einzige, was für den Aufenthalt im Motel 6 sprechen könnte wäre die Sportsbar genau gegenüber - die war echt klasse. Auch die Chicken Wings gestern Abend haben sich prima mit den heimischen Bieren vertragen.

Also - vergessen wir für den Moment das Wifi. Ich springe aus dem Bett, schmeisse den Rechner an (erfolglos wie beschrieben) und will unter die Dusche hüpfen. Da steht mannshoch mein Stativ in der Dusche - hab ich mich erschreckt. Schönes Stativ, ohne Zweifel, aber seit wann duschen die? Auflösung: die treu sorgende Gattin hatte das Gerät gestern Abend noch vom Salzwasser des Monolake befreit. Danke!

Kurz nach 8 Uhr sind wir unterwegs. Der Hwy. #395 ist eine echte Traumstraße. Grandiose Kullisse auf dem ganzen Weg bis Lone Pine. Wir verlassen den Hwy. aber bereits nach wenigen Meilen, denn wir haben ein in deutschen Reiseführern völlig zu unrecht ignoriertes Kleinod auf dem Program: den Rock Creek Canyon mit dem „Little Lakes Valley Trail“. Auf den waren wir zu Hause auf Youtube gestoßen.

Bei „Tom’s Place“ müssen wir rechts abbiegen. Natürlich halten wir an dem General Store und Restaurant an. Es wäre doch eine super Idee, hier mal wieder richtig zu frühstücken. Wer weiß, was oder ob überhaupt es heute Abend in der Wüste was gibt (Rechtschreibfetischisten auf die Barrikaden - der Satz heißt nix! Ja, weiß ich, aber ich habe Urlaub, da darf ich das).

Der Laden hier ist jedenfalls sowas von Amerika. Wir frühstücken echt amerikanisch, Gabi mit Eggs & Bacon, ich mit Omelette. Vielleicht sollte ich künftig am frühen Morgen die Jalapenos weglassen - die hauen schon rein. Lecker ist es und wir genießen es, hier zu sein. Pappsatt machen wir uns auf den Weg - wieder mal 30 Minuten immer bergauf, zuletzt auf einer Singletrack-Road bis zum Trailhead.

Den Little Lakes Valley Trail kann man jedem nur ans Herz legen. Es ist mal wieder eine hochalpine Wanderung und wir sind so dankbar und froh, dass wir uns das konditionell leisten können. Auch trittsicher sollte man sein. Dazu: purer Genuss!! Die Gegend hier ist so aus dem Bilderbuch, dass Gabi ein neues Wort erfindet: „Overkitsch!“ Gemeint ist, dass die Panoramen hier kitschiger als kitschig sind. Das kann sich niemand ausdenken, dass muss Mutter Natur einfach so hinzaubern. Wenn wir mal wieder kommen, werden wir hier gerne noch mehr Zeit verbringen.

So wandern wir über eine Stunde bergan, machen Bilder und staunen über die Farben, Friedlichkeit und grenzenlose Schönheit dieser Bergwelt. 3 Seen passieren wir, den Mack Lake, den Marsh Lake und den Heart Lake. Dann drehen wir um, wir haben ja noch Fahrtstrecke vor uns. Nach 2 Stunden und gut 6 km sind wir wieder am Trailhead.

Wie gesagt, die Fahrt auf der #395 nach Süden ist toll. Cruise Control (mir fällt gerade das deutsche Wort nicht ein) auf 65 Mph eingestellt und rollen lassen. Wir hören schöne Musik, mampfen Chips und Möhrchen und erreichen so Lone Pine. Hier müssen wir abbiegen ins Death Valley. Dies tun wir aber nicht, ohne vorher noch einen Blick auf den Mount Whitney geworfen zu haben, die höchste Erhebung der Sierra Nevada. Und wir gehen noch kurz einkaufen, denn neues Wasser muss her und ebenso etwas für heute Abend und morgen zum Frühstück.

Die Fahrt ins Death Valley ist eine Nummer für sich. Das muss man mal gemacht haben. Ich liebe es, so Auto zu fahren. Über 2 Gebirgsketten geht es. Oben auf dem Pass der ersten machen wir einen kurzen Fotostopp wie vor einigen Jahren. Da hatte sich Gabi auch so in Pose geworfen und plötzlich war ein Kampfjet „zum Anfassen nah“ durch diese Schlucht gedonnert. Die üben hier nur, aber wir müssen heute noch darüber lachen, wie wir damals zusammengezuckt sind.

Bei der Anfahrt zur 2 Gebirgskette soll man die Klimaanlage ausschalten, um den Motor nicht zu überhitzen. Tun wir sicherheitshalber mal. Liegenbleiben wollen wir hier nicht. In steilen Kurven geht es bergan, CC auf 50 Mph - immerhin! Bergab geht es dann atemberaubend mit 65 Mph fast ausschließlich geradeaus. Die Straßen geht dabei von einer Welle in die nächste über. Achterbahn ist nichts dagegen.

An den Mesquite Flat Sand Dunes stoppen wir noch mal. Füße vertreten, ein paar Bilder machen. 44 Grad heiß ist es hier - beeindruckend, wenn du die Autotür deines klimatisierten CX-5 aufmachst und du gegen die Hitzewand knallst.

Die ehemalige Furnace Creek Ranch heißt heute „The Ranch at Death Valley“. Nobler Schuppen! Unser Zimmer ist außergewöhnlich schön und hat sogar eine Terrasse. Das allerbeste aber: Wifi mit Warp-Geschwindigkeit! Das hätte ich nie vermutet. Wie machen die das? Egal! Ratzfatz ist die Homepage hochgeladen und das war inzwischen schon eine Datenmenge. Fotos der vergangenen 4 Tage etc. Alles wieder im Lot.

Wir strolchen in der untergehenden Sonne durch die Anlage. Hier steht sogar eine alte Dampflok. Die ist Teil einer Ausstellung über Maschinen und Geräte, die früher hier zum Borax-Abbau genutzt wurden. Fragt nicht, was das ist - googelt es vielleicht mal und erzählt mir das.

Übrigens: ihr müsst euch oft „Zwinkersmileys“ hinter meinen Sätzen denken - die kann ich hier nur nicht einbauen - geht technisch nicht.

So: Bilder sind bearbeitet und Tagebuch ist geschrieben. Wir essen jetzt noch was mitgebrachtes und müssen noch entscheiden, ob wir heute Nacht Sterne gucken und fotografieren wollen. Bis morgen in Las Vegas!!

Tagesetappe: 368 Kilometer
Übernachtung:
The Ranch At Death Valley****, Highway 190, Death Valley, CA 92328
© 2019 Gabi & Jürgen