Tagebuch




Tiny Little Mensch

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Gabi auf dem Casidy Arch Trail, Capitol Reef NP, UT

Schon wieder so ein komischer Titel? Passt aber zu den Fotos des Tages. „Mensch, sind wir klein“, könnte man auch sagen! In dieser gigantischen Landschaft wirkt der Mensch oft verloren und klein, fühlt sich aber großartig.

Die Nacht war mäßig, dafür ist das Frühstück um so besser. Das ist u.a. das Schöne an einem B&B: man sitzt morgens mit den anderen Gästen am Tisch und ist sofort im Gespräch. Wir können einem Paar aus den benachbarten Niederlanden noch ein paar Tipps für die nächsten Tage mit auf den Weg geben. Bob und Ann aus Virginia wundern sich, wie viel wir von ihrem Land schon gesehen haben und wie gut wir uns auskennen. Dafür sind die beiden aber auch fleißige Reisende - zweimal jährlich geht es alleine nach Europa. Hut ab! Es gibt mit Bacon und Spiegelei belegte Riesencroissants, dazu frisches Obst, Melone, Kaffee, Säfte und Cereals. Super Grundlage für den Tag.

Es sind nur gut 10 Minuten bis zum Capitol Reef NP, für den wir heute viel Zeit haben. Einiges kennen wir schon, daher holen wir uns im Visitor Center Tipps für Hikes. Den Anfang macht dann aber ein Ranger-Talk vor dem Visitor Center. Es geht um die Geologie der „Waterpocket Fold“, denn der Nationalpark ist ein Teil dieser riesigen Erdfalte -sehr anschaulich erklärt von der netten, jungen Rangerin. Dabei kommt auch wieder das Gesteinsschichten-Präsentations-Kissen (Vokabel von Gabi) zum Einsatz, mit dem uns der Entstehungsprozess vor einigen Jahren hier schon mal erläutert wurde.

19 Layer hat die Falte. In jedem Nationalpark gibt es diese schönen Flyer und die Rangerin (sie ist Geologin) hat sich für diese Vorträge den Spaß gemacht, für die verschiedenen Zeiträume vor Millionen von Jahren eigene Flyer nachzubauen. Super! Zuerst war hier ein Ozean, sofern man von „hier“ sprechen kann. Utah lag nämlich mal am Äquator. Es folgten für Millionen von Jahren jeweils eine Strandlandschaft, eine Sumpflandschaft und eine riesige Wüste. So entwickelten sich die 19 Gesteinsschichten. Und durch die tektonischen Plattenverschiebungen faltete sich die ganze Sache auf - Errosion und etwas Vulkanismus taten ihr Übriges. Eigentlich ganz einfach.

Wir fahren zum Trailhead des Cassidy Arch Trail und Grand Wash Trail. Zuerst nehmen wir den Aufstieg zum Arch in Angriff. Puh, schweißtreibend und steil. Es geht zunächst sehr zügig in die Höhe. Gesteinsstufen könnte man das nennen, es ist eine lustige Kraxelei. Weiter oben geht es dann etwas weniger Steil zu, dafür aber nicht minder anspruchsvoll. Fuß umschlagen wäre hier ein Leichtes. Verlaufen auch - es gibt aber viele „Steinmännchen“, die insbesondere auf dem Rückweg sehr hilfreich sind. Viel Weg geht über „Slickrock“, gerade steht oder geht man dabei selten. Meine Schusohlen sind sicher wieder einige Milimeter dünner geworden, die Trekkingschuhe sind nach dem Urlaub „auf“, so viel ist sicher. Das Gestein leuchtet hier in allen Farben und der Trail ist sicher der abwechslungsreichste unseres bisherigen Urlaubs.

Einmal müssen wir richtig kraxeln, schwierige Stelle an einem größeren Block, dann erreichen wir den Cassidy Arch. Wow, super Ausblick! Nun sind wir noch nie auf einen solchen Arch hinaufgestiegen, tut man normalerweise auch nicht. Hier ist das anders, denn die Rangerin im Visitor Center meinte, dass sei kein Problem. Also mache ich den Anfang und possiere etwas auf dem Arch. Gabi schreit, ich soll nicht so nah an die Kante gehen, dabei sieht ihre Position aus meiner Sicht fast (??) viel schlimmer aus. Ich habe mal mit dem iPhone ein Bild von ihr gemacht. Sie macht seelenruhig Bilder.

Anschließend möchte sie es auch versuchen, wir tauschen die Positionen und sie fängt schon wieder an zu hüpfen. Nicht zu glauben! Keine Sorge: wir hatten das völlig im Griff! Aber klein ist man hier in dieser Kullisse, winzig klein!

Der Rückweg nimmt die gleiche Wegführung wie der Hinweg, ist aber natürlich dennonch völlig anders. Der Trail macht uns riesigen Spaß und nach 2,5 Stunden, 6,5 Kilometern und mächtig vielen Höhenmetern stehen wir wieder im Wash? Zurück zum Auto?

Nein, wir nehmen auch den Grand Wash Trail noch in Angriff, wo wir doch einmal hier sind. Der ist eben und total „easy“. Flashfloodgefahr besteht keine, da es hier seit Wochen nicht geregnet hat. Immer näher rücken die steilen Felswände zusammen, „Narrows“ heißen sie deswegen auch.

Am Ende des Trails drehen wir um und gehen zurück zum Trailhead. 11,7 km zeigt meine Uhr nun an. Die Füße merken wir gut und es reicht für heute.

Also fahren wir noch zu den Petroglyphs, den Felszeichnungen, wo es um 15 Uhr noch einen weiteren Rangertalk gibt. Weitere 30 Minuten erfahren wir alles über die frühe Besiedlung des Freemont River hier in dieser fruchtbaren Senke; Anschauungsmaterial inklusive. Und da sind natürlich die Felszeichnungen, die erläutert werden. Von 300-1.300 n.Chr. wohnten hier Leute in einfachsten Verhältnissen. Sie hatten dennoch alles, was sie zum Leben brauchten: Wasser, Food, Tools (Pfeilspitzen, Tonkrüge, Weidenkörbe) und Schutz in sog. „Pithouses“. Alles super interessant.

Dann fahren wir noch kurz zum Giffordhouse, wo man frischen Kuchen mit Früchten dieser Gegend kaufen kann. Wir erstehen einen Cherry-Pie (Apfel war aus), den wir kurz darauf gemütlich auf unserer Terrasse mit einer Tasse Kaffee genießen. Jetzt ist es gleich 19 Uhr und ich habe alles fertig. Da das Wifi wieder funktioniert kann ich hoffentlich auch die Website hochladen, dann habt ihr gleich 2 Tage zu schauen und lesen. Viel Spaß damit!

Tagesetappe: 61 Kilometer
Übernachtung:
SkyRidge Inn Bed & Breakfast, 1092 East SR 24, Torrey, UT 84775
© 2019 Gabi & Jürgen