Tagebuch




Sending Postcards from Mammoth Lakes …

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Postkartenmotiv Twin Lake Vista, Mammoth Lakes, CA

Das Internet macht mich wahnsinnig hier. Ok, in der Yosemite Lodge mitten im Nirgendwo hatte ich nicht viel zu erwarten. Aber hier in Mammoth Lakes müsste es doch gehen. Das Free Wifi ist jedoch so langsam, dass man damit überhaupt nichts anfangen kann. Also für 5,00 $ das „Premium“ gebucht - Fehlanzeige. Fotos und Tagebucheinträge der letzten Tage sind fertig, können aber nicht hochgeladen werden. Selbst E-Mails machen Probleme. Grrr …

Nun ja: die Nacht war mäßig, wir liegen oft wach. War ja auch (zu) lang und ich erinnere mich später, dass Gabi gestern erwähnte, dass Mammoth Lakes auf 2.300 Metern liegt. Hatte ich bei all den Höhenangaben wohl verdrängt, das erklärt aber einiges.

Also lassen wir es ruhig angehen. Ich kämpfe mit der Netzverbindung, unterhalte mich mit dem dummen Rezeptionisten und der super netten Chefin, die alles versucht, meinen Mac mit mir ins Netz zu bekommen - vergebens.

Zum Frühstück gibt es Obstsalat und Kaffee und um halb 10 Uhr brechen wir dann endlich auf. Vorher habe ich noch mit Aurelia telefoniert, die heute Geburtstag hat. Der liegt irgendwie immer in unserem Urlaub. Pläne haben wir für heute nur lose geschmiedet: Wanderungen an den Bergseen, nicht so anstrengend, eher kurz und schön. Melde Erfolg - Postkartenfotos!

Den Anfang macht der Horseshoe Lake, den wir in einer Stunde umrunden (knapp 4 km). Tolle Aussichten. Auffällig sind hier die abgestorbenen Bäume, eine Folge der CO2-Emissionen. Das kennen wir schon von unserem ersten Besuch und wir haben uns gestern natürlich erkundigt, dass ein Besuch dort derzeit ungefährlich ist.

Auf dem Weg sind nur ganz wenige Leute anzutreffen. Mit einem ältern Paar, dass seinen kleinen Hund ausführt, unterhalten wir uns. Sie erzählen, dass die Restrooms derzeit geschlossen sind, weil dort letztlich ein Mann ums Leben gekommen ist. Das Gas fängt sich in den Räumen, tückische Falle - kenne ich von Berufs wegen. Hintergrund der Emisionen sind vulkanische Aktivitäten. Aber keine Sorge - für uns war das heute völlig ungefährlich. Wir kommen auf das Thema „Klimaschutz“ und „Klimawandel“ und zwar wegen des sinkenden Wasserspiegels - am Ufer kann man gut erkennen, wo in den letzten Jahren der Wasserstand war. Ich erzähle von „Fridays for Future“ und er bemerkt, dass die ganze Welt kapiert hat, dass es „5 vor 12 ist“ - mit einer Ausnahme! „Das hast du gesagt, nicht ich“ kontere ich, worauf er lapidar meint, dass er es nur noch zwei Jahre ertragen muss - so hoffe er …

Anschließend fahren wir zum Mary Lake, fangen dort einen Kaffee und ich mache ein Foto von den bunten Booten. Einen Moment überlegen wir, ein Kajak zu mieten aber uns ist eher nach laufen. Also fahren wir zum etwas entlegenen „Heart Lake Trail“. Wir wandern in 90 Minuten knapp 5 km hin und zurück und treffen dabei keinen Menschen. Der Hinweg geht bergauf - die Ausblicke verschlagen uns den Atem. Jede Wanderung ist ein Unikat und hinter jeder Wegbiegung verstecken sich neue Weitblicke mit unglaublichen Panoramen. Gabi macht mir mit ihrem iPhone inzwischen Konkurenz. Sie hat einige richtig gute Fotos geschossen. Unglaublich, was diese kleinen Dinger mittlerweile leisten.

Die Bären verstecken sich wieder, wir genießen jeden Schritt in vollen Zügen. Das Thema „dünne Luft“ ereilt uns hier aber wieder wie gestern. Unsere Wanderungen liegen abermals z.T. auf Höhen um die 3.000 Meter.

Zurück am Auto beschließen wir, zunächst zurück nach Mammoth Lakes zu fahren und uns dort das „Village“ anzuschauen, ein Kunstdorf am Skilift, das auch die hiesige Whiskeydistillery beherbergt. Auf dem Weg dorthin mitten in der Wildnis treffen wir auf Jeff, der seinen Daumen heraushält und froh ist, seinen Rucksack in unseren Kofferraum werfen und mit uns die rd. 8 Meilen ins Village fahren zu können. Er ist in Seattle zu Hause und in den letzten Tagen mit seinem Biwakschlafsack 120 Meilen von Kings Canyon (kennen wir) quer durch die wilde Sierra Nevada gewandert. Dabei gab es nur Käse und Suppe, so dass er sich auf was Deftiges im Village freut. Anschließend macht er noch 80 weitere Meilen bis in die nördliche Sierra. Ein Typ wie Fabian - super nett!

Wir kehren bei „Gomez“ ein, setzten uns in den Biergarten und überlegen, eine Kleinigkeit zu essen. Heute Morgen hatte ich noch an die Nachos von gestern Abend gedacht und mir so überlegt, sowas regelmäßig essen zu können. Und siehe da: wir teilen uns eine Portion „Nachos Grande“. Gabi bekommt ihre „House-Margarita“, ich eine Diet Coke, weil ich noch fahren werde.

So prima gestärkt fahren wir raus zum Hwy. #395, ein kurzes Stück nach Süden und dann zum Convict-Lake Trailhead. Wir gehen ein Stück des Trails und vervollständigen unsere Fotosammlung. Schließlich reizt es uns aber doch, noch zum Mono Lake zu fahren. Dort konnten wir gestern nicht landen, weil wir die „June-Lake-Loop“ gefahren waren.

Also nochmal 30 Meilen auf der #395 nach Norden zur „South Tufa Area“ am Mono Lake. Hier sind die skurielen Kalkgebilde zu bestaunen, die durch Kalkablagerungen unter Wasser entstehen und bei Rückgang des Wasserspiegels dann ans Tageslicht kommen. Und dieser Rückgang ist hier seit Jahrzehnten so erheblich, dass das Wasser inzwischen salziger als Meerwasser ist. „Totes Meer-Effekt“ quasi. Auch bedenklich! In der Abendsonne genießen wir aber dennoch die tolle Aussicht, die Weite und das Besondere dieser Kullisse.

Rückweg zum Motel 6, unterwegs tanken, damit wir morgen gut gerüstet sind und um 18:00 Uhr legt Gabi eine kleine „Ausruhung“ hin. Ich kämpfe wieder mit dem (nicht vorhandenen) Internetz (wird morgen im Death Valley ja mit Sicherheit nicht besser), kümmere mich um die Fotos und verfasse diesen Tagebucheintrag.

Gleich geht es nochmal in die Sportsbar. Montags dürfte auch American Football gezeigt werden und Lust auf ein „draft local beer“ habe ich auch!

Die Sportsbar ist der Hammer! Und laut Gabi der einzige Grund, nochmal hier im Motel 6 abzusteigen, „Typisch Amerika - und zwar auf die ganz angenehme Art!“, so ihr Kommentar. Und Molly, die gar nicht so aussieht, ist eine super nette Servicekraft. Haben wir ihr zum Abschied auch gesagt (auf die amerikanische Art: „the world needs people like you!“). Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass wir a little bit tipsy sind. Ein ganz kleines bischen beschwipst halt. Gute Nacht!

Tagesetappe: 140 Kilometer
Übernachtung:
Motel 6 Mammoth Lakes**, 3372 Main Street, Mammoth Lakes, CA 93546
© 2019 Gabi & Jürgen